Montag, 2. Juli 2018

Belastungstest vor der großen Sommerpause

Die Sommerferien haben begonnen! Ein anstrengendes und ereignisreiches Arbeitsjahr liegt hinter uns. Knapp eine Woche heißt es nun noch, das alte Schuljahr nach- und das neue vorzubereiten. So weit so gut, jetzt mussten wir uns nur noch etwas einfallen lassen, um am Wochenende dazwischen den Kopf möglichst schnell frei zu bekommen. Und das geht natürlich am besten mit Oldtimern, Sonne, Strand und viel Straße. So sind wir am Donnerstag nach der abschließenden Gesamtkonferenz schnellen Schrittes zu unseren Bussen geeilt, um das seit April geplante Abenteuer Nordküste in Angriff zu nehmen.
Wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich schon etwas Bammel dass wir unterwegs liegenbleiben. Da liegen manche Dinge technisch schon ganz schön im Argen und ich sehe das natürlich dummerweise auch noch. Es wäre manchmal besser, wenn man ein bisschen weniger Ahnung hätte. Es ist mir in den letzten zwei Jahren hier zwar schon ganz gut gelungen, der angeborenen deutschen Penibilität abzuschwören (was offen gesagt wirklich gut tut, es funktioniert nämlich auch ohne), aber man kann ja nicht ganz aus seiner Haut. Egal.
Das Ziel des ersten Tages war das Iberotel Borg El Arab westlich von Kairo und dieses Ziel galt es zu erreichen.   


Da wir es nicht gleich übertreiben wollten, war die erste Rast kurz vor der Mautstelle der Alexandria Desert Road geplant. Da gibt es eine ganz nette Total-Tankstelle mit frischen Paninis, leckerem Kaffee und Hörnchen. Und tanken konnten wir dann auch gleich noch. Sehr zum Leidwesen der Autofahrer hinter uns, kamen wir auch noch auf die Idee, den Reifenluftdruck kontrollieren zu lassen.

  
In allen Reifen war entschieden zu viel Druck, der erst einmal gaaanz gemütlich abgelassen werden wollte. Als ich dann an der Reihe war, ging der Rückstau bereits bis an die Zapfsäulen, was die Autofahrer hinter mir mit aufgebrachtem Hupen kommentierten. Ja malesh, wer wird denn gleich in die Luft gehen ;-).
Eine gefühlte Stunde später waren wir dann auch schon auf der Autobahn und konnten unsere Boxermotoren mal so richtig klingeln lassen. Die Überholmanöver in Dreiviertel-Gasstellung (nur kein Vollgas!!!) unter Einsatz der Hupe machten richtig Laune.



Keiner von uns war bislang weiter als 50 Kilometer am Stück gefahren und so hatten wir vereinbart, nach weiteren 100 Kilometern die zweite Pause einzulegen. An einer Tankstelle der Armee konnten wir dann in aller Ruhe die ersten Eindrücke austauschen. Ich war überrascht, wie angenehm sich der Bus auf längeren Strecken fährt, hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dass man ganz anders fahren muss als mit einem herkömmlichen PKW. Man muss viel vorausschauender fahren und die optimale Reisegeschwindigkeit liegt bei 80 km/h. Das macht die ganze Sache aber auch recht entspannt und gemütlich. 

    
Überraschend war für mich auch, dass es bei geöffneten Fenstern nicht wirklich warm im Fahrzeuginneren wird. Und wir sprechen hier von Außentemperaturen um die 40 Grad. Die geraden Fensterfronten und das langgezogene Dach sorgen für einen regelrechten Beschattungseffekt. Mit diesen positiven Erfahrungen im Hinterkopf konnten wir die letzten 120 Kilometer ohne weitere Pause in Angriff nehmen. Auch wollten wir vor Anbruch der Dunkelheit ankommen. Die Straßen- und Verkehrsverhältnisse auf ägyptischen Straßen lassen sich bei Tageslicht noch ganz gut meistern, im Dunklen bergen sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr.




 
Es hat alles gut geklappt. Wir sind pünktlich im Hotel angekommen, gerade noch rechtzeitig, um den Sonnenuntergang zu genießen. Hotels an der Nordküste sind so eine Sache für sich. Zum einen gibt es wenige, zum anderen entspricht der Standard nicht immer europäischen Verhältnissen. Der Preis allerdings schon und dadurch ergibt sich dann eine gewisse Diskrepanz. Auch das Iberotel Borg El Arab hat die besten Tage bereits hinter sich. Es ist sicherlich kein Aushängeschild für die JAZ-Gruppe, aber noch akzeptabel. Für die nächsthöhere Hotelkategorie hättren wir 500 Euro pro Nacht im Doppelzimmer bezahlt. Das muss dann auch nicht sein. Und man muss bedenken, es ist Hochsaison.   


Am nächsten Tag war der Plan, den deutschen Soldatenfriedhof in El Alamein zu besuchen. Ich war bereits vor neun Jahren schon einmal dort, es konnte also nicht schaden, die Eindrücke aufzufrischen. Zunächst einmal ging es knapp 65 Kilometer nach Westen.


Schon bei der Abfahrt bemerkte ich, dass der Bus nicht ganz sauber lief. Im unteren Drehzahlbereich zog wer nicht richtig, stotterte und spuckte. Ich schob das zunächst auf die Kaltstartautomatik, denn plötzlich war der Spuk vorbei und ich konnte wie gewohnt meinen Motor schnurren lassen, der wirklich wie ein Kätzchen schnurrte und sich äußerst angenehm fuhr. Das gefiel mir alles sehr gut!



Am Soldatenfriedhof angekommen, wollten wir erst einmal unsere Fahrzeuge in Szene stellen. Das war gar nicht so einfach, denn die Einfahrt liegt so nah an der Schnellstraße, dass der rote Bus zur Hälfte auf der rechten Fahrspur steht. Zwar wird die selten genutzt, weil sie zum einen halb mit Sand und Schutt bedeckt ist und zum anderen immer wieder mal als Standspur missbraucht wird. Gar nicht so selten kommt einem da auch mal ein Fahrzeug entgegen. Nichts desto trotz, wir standen suboptimal. Und das Wendemanöver vollzog sich auch auf der Fahrbahn. Wir mussten nur ein Loch zwischen den LKWs finden, die da mit 100 angerauscht kamen.   


All das missfiel auch dem Polizisten, der an der Einfahrt zum Gelände deinen Dienst verrichtete. Aber irgendwie hat sich das dann alles in Wohlgefallen aufgelöst. Ob das an den Bussen lag?



Man weiß es nicht. Aber am eigentlichen Denkmal angekommen machten sie Eindruck. Und zwar auf Raouf, den Beduinen, der neben einer ganzen Reihe an Tätigkeiten auch die Kriegsgräberstätte betreut. Damit seien die Deutschen früher immer gekommen, jetzt aber schon lange nicht mehr. Was für außerordentlich schöne Busse das seien. Helle Begeisterung. Wir hatten sofort ein Gesprächsthema und der Kontakt sollte sich noch äußerst angenehm entwickeln.


Zunächst ging es aber erst einmal in den Friedhof. Schon bei der Ankunft ist die Stimmung beklemmend.


Das ist ein Stück Heimat fernab der Heimat. Hier wurden tausende junge Deutsche, die ganz am Anfang ihres Lebens standen als Kanonenfutter verheizt. Plötzlich wird einem klar, welch erschütternde Schicksale mit diesem Ort verbunden sind.


Im Inneren ist es totenstill, man hört lediglich einzelne Vögel zwitschern. Ein Ort, den man ruhig mal auf sich wirken lassen kann. Den man unbedingt auf sich wirken lassen muss. Ein Ort, der zum Nachdenken anregt. Wenn man über längere Zeit fernab der Heimat lebt, fällt es einem zunehmend schwer, das zu beurteilen, was im eigenen Land vor sich geht: aufkeimender Nationalismus, Gauland und Co., Flüchtlingshetze, Özil-Debatten. es ist schlicht unmöglich, zu beurteilen, wie die Lage wirklich ist. Genauso unmöglich ist es aber auch für Deutsche zu beurteilen, was im Nahen Osten und Nordafrika so vor sich geht. Trotzdem meint die Mehrheit, es zu können. Nichts desto trotz bleibt am Ende die eine Überzeugung, nämlich dass Fremdenfeindlichkeit und ungesunder Nationalismus keinen Platz in Deutschland haben dürfen. Kein wenn, kein aber. Punkt!



Deutlich wird allerdings auch, dass Rommel hierzulande über ein gewisses Ansehen verfügt. Die Annahme, er sei nach Ägypten gekommen, um das Land von den Engländern zu befreien reicht aus, ihn mit Ehren zu schmücken. Auch wenn es ihm nicht direkt gelungen ist. Der gute Wille zählt. Hier offenbart sich eine gewisse Diskrepanz, die in Deutschland gewiss nicht nachvollziehbar ist, aber auch nicht nachvollziehbar sein muss.
Fakt ist, dass folgendes Schild im Obergeschoss der Gedenkstätte sicherlich nicht aus ägyptischer Feder stammt. Und damit schließt sich der kleine Kreis.


Wer schwindelfrei ist und nicht unbedingt auf ein Geländer bei 12 Metern Höhe besteht, dem empfehle ich, zum Abschluss noch auf das Dach des Mahnmals zu steigen, man hat einen unbeschreiblichen Ausblick. Für mich schockierend war es zu sehen, was für ein massiver Flächenverbrauch sich entlang der Nordküste vollzieht. Vor neun Jahren war die Strecke von Alexandria nach Marsa Matrouh noch nahezu unbebaut, inzwischen ist die Küstenlinie nahezu vollständig erschlossen. Die Straßen breiter und jede Menge Compounds, in denen die knapp zehn Prozent der reichen Ägypter die Sommermonate verbringen. Das Klima lässt die Gebäude im Zeitraffertempo  erodieren. Sind diese renovierungsbedürftig, werden sie verlassen und neue Immobilien weiter westlich bezogen.


Hinten links im Bild baut sich der im Moment wohl prominenteste Ägypter seine Sommerresidenz. In unmittelbarer Nähe des deutschen Soldatenfriedhofs. Das ehrt.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns mit Raouf, der uns durch die Anlage führte, bereits angefreundet. Die Nummern waren ausgetauscht, Facebookfreundschaften geknüpft, der Umgang war vertraut. Und so haben wir uns getraut, ihn um einen Gefallen zu bitten. Wir wollten mit den Bussen direkt ans Meer. Das ist gar nicht so einfach, denn das geht nur an bestimmten Stellen, man muss wissen wo und man sollte auch wissen, wem das Land gehört, das man gerade befährt. Man möchte ja nicht unbedingt in eine unangenehme Situation kommen.
Das Glück war auch hier an unserer Seite. Raouf konnte und wollte uns helfen, was für uns keine Selbstverständlichkeit war. Offroad war angesagt. Durch Sand und Schlaglöcher. Auf Holperpisten. Der Bus schien wie gemacht dafür.

  
Und plötzlich standen wir da! Was für ein Anblick! Nicht direkt am Wasser, aber für den Anfang gar nicht schlecht! Wir waren hellauf begeistert, unbestritten der bisherige Höhepunkt der Reise.



   

So nahe am Ziel wollten wir es jetzt aber wirklich wissen! Warum nicht direkt ans Wasser? Bislang hatten uns der Sand und der letzte steile und steinige Abhang davon abgehalten. Würden die Busse es bis ganz nach unten schaffen? Und vor allem wieder hoch? Mit einem Geländewagen kein Problem, aber mit einem T2 mit Heckantrieb? No risk, no fun! Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, wird schon irgendwie klappen. Ab in den Bus und nach unten!

Die Bilder sprechen für sich, was für eine coole Aktion! Eine Farborgie aus grün und rot auf weißem Sand vor türkisblauem Meer! Einfach nur genial!



Dieser Moment musste in einem Gruppenfoto festgehalten werden. Nebenbei haben wir auch gleich noch die Frage geklärt, ob wir wieder kommen dürfen, um dort in den Bussen zu übernachten. Dürfen wir :-).


Allzu viel Zeit konnten wir nicht mehr verlieren, denn wir wollten noch ins Militärmuseum in El Alamein und anschließend im Idealfall wieder vor Einbruch der Dunkelheit nach Alexandria. Da hatten wir aber die Rechnung ohne die arabische Gastfreundschaft gemacht. Wir hatten uns mit Raouf angefreundet und ohne einen Besuch seines Hauses konnten wir nicht weiterfahren. Das wäre sehr unhöflich gewesen. Und eine kleine Rast schadet ja nie.

   
Da könnte ich mir auch vorstellen, zu wohnen. Es gab den obligatorischen Tee in entspannter Atmosphäre, Gebäck und jede Menge Erfahrungsaustausch.



Nach dieser erholsamen Pause war es dann auch an der Zeit, weiterzuziehen. Das Museum selbst war sehr gut gemacht, leider durfte man keine Bilder machen. Zumindest war es uns das nicht wert, extra eine Fotogenehmigung zu kaufen. Ich habe mich gefragt, wo die ganzen Utensilien herkommen, die über 70 Jahre nach Kriegsende fast neuwertig in den Vitrinen zu sehen waren.


Auf dem Rückweg nach Alexandria war dann plötzlich das Fahrverhalten meines Bullis ganz anders. Er lief rauer, zog schlechter und im unteren Drehzahlbereich ging ihm wieder die Puste aus. Zeit also für einen Boxenstopp, der jedoch ganz schnell beendet werden konnte. Es war ein Zündkabel abgerutscht. Das musste ich nur wieder aufstecken, allerdings war der Anschluss so ausgeleiert, dass zu erwarten war, dass es wieder abspringt.
Auch der andere Bus bekam etwas Pflege. Sieht wilder aus als es ist: da fehlte nur Öl. Aber zum Nachfüllen muss der Luftfiltereinsatz ab.

 
Man bekommt hier immer gleich tatkräftige Hilfe und Unterstützung. Allerdings würde alles ohne diese sicherlich viel schneller gehen.

Wir sind dann gut in Alexandria angekommen. Beim Starten am nächsten Tag war aber klar, dass da bei mir schon wieder was im Argen war. Ähnliches Schadensbild, ich konnte den Motor in der Stadt im untertourigen Bereich kaum am Laufen halten. Jenseits der 60 km/h lief er aber ganz annehmbar. Ich beschloss, erst einmal aus der Stadt herauszufahren und dann vor der Autobahn an einer Tankstelle nochmal nach dem Rechten zu sehen.

  
Wieder war das Zündkabel abgegangen. Diesmal habe ich das Ende mit einer Zange gequetscht, in der Hoffnung, dass es hält. Kaum war ich damit fertig, kam plötzlich ein Ägypter an und fragte, ob er mit seiner Tochter vor den Bussen ein Bild machen dürfte. Na klar. In Kairo sorgt ein Ausländer in einem T2 eher für Amüsement. Auf unserer Tour haben wir allerdings so viel Feedback und Daumen nach oben bekommen, dass es eine wahre Freude ist. Es scheint sich doch langsam eine gewisse Oldtimerszene in Ägypten zu entwickeln. Davon zeugt auch folgende Collage, die wir in einem Cafe in Alexandria gesehen haben.

 
Alles in allem war das Bild aber gemischt. Genau so oft wie den Daumen nach oben haben wir auch die Handbewegungen bekommen, mit denen man Minibusse auffordert, einen mitzunehmen. Manchmal wurden wir im Vorbeifahren auch wüst beschimpft, weil wir nicht angehalten haben ;-).

Nach der Reparatur des Zündkabels lief der T2 wieder ganz sauber und so wie er das sollte. Es ist schon erstaunlich, dass sich das nicht stärker bemerkbar macht, wenn ein Zylinder nur noch passiv mitläuft.



Fast war ich schon so weit, die Tour als nahezu pannenfrei anzuhaken. Als wir uns aber am Fahrbahnrand kurz vor 6th October City verabschiedet hatten und ich die letzten Kilometer in Angriff nehmen wollte, ist es dann passiert. Er sprang einfach nicht mehr an. Da stand ich nun.


Eine systematische Fehlersuche war angesagt. Was braucht ein alter Vergasermotor um zu laufen? Sprit, Zündfunke und Luft. Zunächst dachte ich an ein Problem bei der Spritversorgung, bin dann aber doch beim Unterbrecher fündig geworden. Zumindest ließ er sich danach wieder starten und brachte uns zwar ruckelnd, aber zuverlässig bis nach Hause. Eines trifft auf die alten VWs wirklich zu: auch wenn sie noch zu mucken, heim bringen sie einen immer. Ich habe jetzt mal vorsorglich alle zündungsrelevanten Teile neu gekauft. Das kann sicher nicht schaden.