Genau vier Wochen nachdem ich meinen Passat in den Container gestellt hatte, konnte ich ihn gestern schließlich glücklich wieder in Empfang nehmen. 10 Tage war er im Hafen in Alexandria gestanden bis das Einfuhrprozedere abgeschlossen war. Das klingt zunächst mal nach einer langen Zeit, in der ich mich auch immer wieder mal gefragt habe, was da eigentlich so vor sich geht. So ganz herausfinden konnte ich das nicht, allerdings sind 10 Tage unter den gegebenen Umständen schon ziemlich gut. Ich selbst musste, beziehungsweise durfte da gar nicht so viel tun. Das Ganze wurde vom Behördenbeauftragten meines Arbeitgebers koordiniert, die Arbeit im Zoll haben wir an eine externe Firma übergeben.
Wieso aber sind 10 Tage jetzt eigentlich ganz schön gut? Europa hat viele Jahre lang seine alten und schrottreifen Autos nach Afrika entsorgt. In vielen afrikanischen Ländern gibt es mittlerweile Gesetze, welche die Einfuhr von alten Autos untersagen. Das trifft auch auf Ägypten zu. Und mit dreißig Jahren fällt mein Passat ganz klar in diese Kategorie. Das war die erste Hürde. Die zweite Hürde war, dass bei der Einfuhr von Autos eigentlich horrende Zollgebühren und Importsteuern anfallen. Diese beiden Klippen galt es zu umschiffen. Legal wohlgemerkt, denn ich bin ja hier als Vertreter der Bundesrepublik entsandt. Und genau unter dieser Maßgabe geht das auch. Durch ein Kulturabkommen zwischen Deutschland und Ägypten ist es möglich, dass Deutsche, die im Bildungssektor tätig und offiziell entsandt sind, für die Dauer ihrer Tätigkeit von den strengen Auflagen befreit sind. Einziger "Haken" an der Sache: das Fahrzeug ist dann personengebunden und darf nur vom Besitzer gefahren werden. Außerdem muss es nach Ende des Vertrags wieder ausgeführt werden.
Was jetzt in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis mit jeder Menge Papierkram verbunden. Zunächst brauchte ich mal eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung. Dann musste eine Bescheinigung erstellt werden, dass ich die Voraussetzungen für die zollfreie Einfuhr erfülle. Da waren dann auch die Fahrzeugdaten enthalten. Das Ganze musste von der Deutschen Botschaft und vom ägyptischen Außenministerium bestätigt werden. So wie ich das verstanden habe, war da irgendein Fehler drin und so musste das Ganze nochmal durch alle Instanzen.
Probleme gab es auch auf Seiten der Reederei und der Spedition. Zunächst waren das Fahrzeuggewicht und das Gewicht des Umzugsguts im Bill of Lading nicht getrennt aufgeführt. Ohne das war der Zoll nicht gewillt, den Container zu öffnen. Die Zeit drängte, denn nach einer Karenzzeit von 4 Tagen fallen für jeden Tag, an dem der Container im Hafen steht, Liegegebühren in Höhe vom 100 Dollar an. Das Problem war aber jetzt, dass hier das Wochenende anders fällt als bei uns. Nach einigem hin und her konnte das Bill of Lading dann geändert werden. Hier hatten wir auch noch Glück, denn der Zoll hat eine Kopie akzeptiert. Hätte er auf das Original bestanden, hätte sich das Ganze noch weitaus länger hingezogen. Als die Arbeit dann wirklich hätte beginnen können, gab es schon das nächste Problem. Der Container war von der Reederei nicht freigegeben. Das erfolgt normalerweise, wenn das originale Bill of Lading bei mir eintrifft. Aber das war ja nicht der Fall, also war der Container blockiert. Einige Anrufe bei der Spedition, unter anderem mit tatkräftiger Hilfe von Olaf konnten dieses Problem dann relativ schnell lösen. Jetzt hätte das dann aber wirklich losgehen können, wäre da nicht der Fehler in besagter Bescheinigung gewesen. Da waren bereits vier Tage vergangen und ich wusste schon, dass die eigentliche Zollprocedur weitere vier Tage dauern würde. Außerdem brauchte ich meinen Pass, denn ich fliege dieses Wochenende nach Deutschland. Dementsprechend erleichtert war ich dann, als ich am Montag erfuhr, dass ich am Mittwoch zusammen mit einem Mitarbeiter unseres Behördenbüros nach Alexandria fahren und das Auto abholen konnte. Endlich!
Also ging es frühmorgens mit dem Zug von der Ramsis Station im Zentrum Kairos los. Alleine da könnte ich jetzt schon einen eigenen Beitrag schreiben. Da ging es zu, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und dann kommt man nach der Sicherheitskontrolle rein und fällt erstmal aus den Latschen, so prunkvoll wie der ist. Da muss man in Deutschland lange nach was Vergleichbarem suchen.
Zugfahren in Ägypten ist so ne Sache. Ich zitiere da mal gerne das Auswärtige Amt.
Das ägyptische Schienennetz ist teilweise veraltet. Es kommt immer wieder zu schweren Unfällen mit Toten. Der Zugverkehr ist stark eingeschränkt. Mit kurzfristigen Zugausfällen ist insbesondere auf Nebenstrecken zu rechnen. Vor diesem Hintergrund sollten Überlandfahrten auf der Schiene - mit Ausnahme der Schnellzüge zwischen Alexandria und Kairo - so weit wie möglich vermieden und wo möglich auf Flugverbindungen zurückgegriffen werden.
Klare Worte. Und wer die Züge sieht, kann die Ansicht des Auswärtigen Amtes kaum vom Tisch wischen. Die sind schon ziemlich alt und marode. Da gehen dann die Türen auch nicht zu und wenn der Zug nicht zu schnell fährt oder wenn man gerade näher an der Wohnung vorbeifährt als der Weg vom Bahnhof ist, dann kann man da auch mal aus- oder zusteigen. An dem Tag als wir gefahren sind, hat sich dann auch ein tragisches Zugunglück ereignet.
Da wir allerdings mit dem Zug von Kairo nach Alexandria wollten, bin ich relativ beruhigt gefahren. Der war richtig gut. Mit einem tollen Bordservice.
In Alexandria angekommen, hieß es dann erst mal warten. Das Auto war noch nicht "fertig". Also sind wir erst einmal ein bisschen ans Meer.
Alexandria ist ganz anders als Kairo. Ruhiger, sauberer, es erinnert ein bisschen an Südeuropa.
Wir wurden dann immer wieder vertröstet. Aus ein Uhr wurde 2. Aus 2 Uhr wurde drei. Jetzt ist der Angestellte der externen Firma mit dem Auto unterwegs. Dann doch wieder nicht, dann in 10 Minuten.
Wir haben uns die Zeit dann in einem Wasserpfeifencafe vertrieben. Ich denke, meinen Gemütszustand kann man da ganz gut erkennen.
Dann endlich um halb vier kam der erlösende Anruf. Der Mitarbeiter der Importfirma ist so gut wie da. Wir sollen an die Straße kommen, dann können wir ihn bald sehen. Ok, es hat dann noch einen guten Kilometer Fußmarsch gedauert, Straße ist halt irgendwie nicht wirklich Straße. Aber dann war es endlich so weit. Hinter einer Reihe parkender Minibusse stand er dann.
Das war dann schon echt ziemlich cool! Kurzer Check. Scheint alles in Ordnung zu sein. Der Mitarbeiter hat dann noch gemeint, ich soll auf meine Lichter gut aufpassen, die könnte man hier nicht kriegen und zeigt einmal im Kreis auf die Frontscheinwerfer und Heckleuchten. Plötzlich zuckt er zusammen. Da hat wohl jemand Mist gebaut.
Das will natürlich mal wieder keiner gewesen sein. Und das war nicht ganz der Plan, als ich mich entschieden habe, den Wagen genau deswegen in den wesentlich teureren Container zu stellen. Aber gut. Besser Plastik als Blech.
Und dann ging es auch schon zurück. Und das war dann auch die Überraschung des Tages. Zwischen Alexandria und Kairo verläuft eine neue Autobahn, von der man in Deutschland nur träumen kann. Zehn Fahrspuren. Drei auf jeder Seite für die Pkws, dann ein kleiner Wall und dann noch einmal zwei auf jeder Seite für die Lkws. Das ist genial. vor allem wenn man bedenkt, wie die Lkws in Ägypten normalerweise über die Autobahn heizen. Da wird einem Angst und Bange.
Was ich bislang sehen konnte, ist das meiste Umzugsgut auch wirklich angekommen. Ein paar Werkzeuge fehlen, auch ein paar Konsumgüter, zum Ausgleich habe ich aber eine Bedienungsanleitung für einen Kia auf koreanisch bekommen. Na immerhin.
Die Ersatzteilkiste habe ich noch nicht inspiziert. Ein echtes Problem war wohl die Antriebswelle. Aber die ist noch da.
Momentan fahre noch noch mit Zollkennzeichen durch die Gegend. Die gelten jetzt erst mal für vier Wochen. In dieser Zeit können wir dann die reguläre Zulassung durchführen. Jetzt darf er sich aber erst mal eine Woche ausruhen. Morgen beginnen die Ferien und ich fliege heim. Dann kann ich auch gleich ein Rücklicht mit einpacken.
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