Freitag Vormittag ist die beste Zeit zum Autofahren, da kann man nämlich annähernd so fahren wie man das aus Deutschland kennt. Vor dem Freitagsgebet liegen die meisten Ägypter in ihren Betten, was das Chaos auf den Straßen auf ein Minimum reduziert. Auch morgen gehe ich wieder auf die Piste. Aufgrund des Ramadan gehe ich davon aus, dass da kaum jemand auf der Straße sein wird. Schauen wir mal.
Die Weltgesundheitsmafia aka WHO berichtet ja gerne mal so manche Halbwahrheiten. Vergangene Woche veröffentlichte sie einen Bericht, demzufolge Kairo den zweiten Platz aller Städte weltweit mit der höchsten Luftverschmutzung belegt. Bei der Deutschen Welle belegt Kairo immerhin Platz sechs, der Österreichische Kurier platziert die Stadt auf dem vierten Rang, die Seriosität der Recherche relativiert sich aber schon in der ersten Zeile, in der die Einwohnerzahl mit 9 Millionen angegeben wird. Die Frage, was da jetzt stimmt oder nicht lässt zwar tief in die europäische Medienberichterstattung blicken, ist aber eigentlich auch gar nicht so wichtig, denn eines ist klar: die Luft in Kairo ist schlecht. Richtig schlecht. Der Körper gewöhnt sich irgendwann daran, zumindest fällt es einem irgendwann nicht mehr auf, welchen Dreck man da tagtäglich einatmet. Anders ist das mit stehendem Material. Wenn das Auto drei Tage steht, bringt man den Schmutz aus der Luft gerade noch so mit der Scheibenwaschanlage weg, nach einer Woche kann man bereits nicht mehr durch die Scheiben schauen. Und das obwohl der Bus in einer Garage steht. Da darf man ruhig mal grimmig schauen.
Es ist also Freitag, der Buli ist schmutzig, die nächste Waschanlage aber glücklicherweise nicht weit entfernt. Obwohl ich da kaum tanke, kannten die Jungs mich und wussten, dass ich Deutscher bin. Der Flurfunk im Viertel funktioniert also. Habe ich Waschanlage gesagt? Das ist was für Europäer, hier ist noch Handarbeit angesagt.
Erst einmal gibt es eine ordentliche Dusche mit dem Hochdruckreiniger. Dass der gute Mann auf die Stoßstangen steigt, um an das Dach zu kommen darf man nicht so eng sehen.
Was danach folgt ist mein absoluter Lieblingsteil.
Der Wagen wird erst einmal ganz ordentlich eingeseift, und zwar mithilfe eines Schlauchs, aus dem direkt der Schaum rauskommt.
Am Ende sieht das Ganze dann aus wie eine große Sahnetorte.
Anschließend wird der Schaum mit einem alten Handtuch in den Lack massiert und zum Abschluss wieder mit dem Hochdruckreiniger entfernt. Das Handtuch wird dann ausgewrungen, bevor es letztendlich als Trockentuch fungiert. Damit kann man dann auch gleich die ganzen Wasserpfützen im Innenraum entfernen, denn Dichtungen tun hier alles außer abdichten. Bei 35 Grad morgens um zehn an einem milden Maitag kann man sich zumindest das Trocknen sparen. Das ganze Procedere dauert gut 20 Minuten und kostet 1,40 Euro.
Wo fährt man jetzt hin, wenn man zum Freitagsgebet bevor sich die Straßen füllen wieder daheim sein möchte? Der T2 sollte an diesem Tag dahin, wo er daheim ist. Nach Haram, wo tausende seiner Freunde ihr Dasein als Taxi fristen. Ich habe dem ein oder anderen der vielen Kollegen gewunken, aber irgendwie kamen da nur leicht konsternierte Blicke zurück. Ein Buli, der nicht weiß ist und in dem noch dazu ein Ausländer sitzt ist etwas, das wohl eher ungewöhnlich ist. Das sollte ich aber bald noch genauer erfahren. Die VW-Busse dürfen ausschließlich in Giza fahren, grob gesagt zwischen der Shera Gamma, Haram und King Faysal. Letztere beiden führen direkt zu den...
Das war dann auch das Ziel des heutigen Tages, genauer gesagt, das Mena House Hotel mit atemberaubendem Blick auf die Pyramiden. Hier schmeckt der Kaffee noch einmal besonders gut. Bevor wir diesen aber genießen konnten, gab es noch eine kleine interkulturelle Lektion.
An der Zufahrt zu den Pyramiden ist ein Checkpoint der Polizei. Als ich da mit meinem Bus angeklingelt kam, haben die Polizisten gleich mit erhoben Armen abgewunken, Taxis sind da nicht erlaubt. Aber Moment, das ist ja gar kein Taxi und da sitzt ein Ausländer drin, was ist das denn? Erste Frage: woher kommst Du denn? Ich: aus Giza. Ok, Giza. Wie jetzt, Giza? Nein, woher kommst Du wirklich? Aus Deutschland! Das fand er dann schon schlüssiger, obwohl das ja eigent.,ich streng genommen so nicht stimmt. Nächste Frage: und das Auto? Ist meines! Wie, Deines? Hast Du das aus Deutschland mitgebracht? Nein! Woher kommt das denn? Aus Ägypten! Wie, Ägypten? Gib mir mal Deine Papiere! Also die Rochsa (ägyptische Zulassung) und den ägyptischen Führerschein aus dem Fenster gereicht. Der Polizist liest vor. Das bist ja wirklich Du! Und wo willst Du jetzt hin? Ins Mena House! Mit diesem Bus? Ja! Ok. Irgendwie passt das nicht ins Bild. Ein Ausländer, der mit einem Auto durch die Gegend fährt, das ausschließlich für die Personenbeförderung der ärmeren Schichten genutzt wird und der dann zu allem Überfluss auch noch ein 5-Sterne-Hotel ansteuert.
Ebenfalls verwunderte Blicke haben wir dann bei der Einfahrt auf das Hotelgelände geerntet. Jedoch war man hier zu diskret, um direkt zu fragen, was das für eine eigenartige Kombination sei. Der Parkplatzwächter konnte dann aber nicht an sich halten und hat gesagt, dass das ja ein echt cooles Auto, aber die Kombination schon etwas ungewöhnlich sei. Meine Stunde. Ich habe ihm dann geantwortet, dass ich so schlecht verdiene und nebenbei noch Taxi fahren muss, um über die Runden zu kommen. Den Spaß hat er verstanden. Wir konnten die Schranke passieren. Zeit für ein paar Fotos vor beeindruckender Kulisse.
Und dann war es endlich an der Zeit für den wohlverdienten Kaffee.
Bei der Ausfahrt hat mir der Parkplatzwächter noch mit einem Augenzwinkern gesagt, ich soll mich nicht erwischen lassen, denn er habe den Verdacht, meine Nebentätigkeit sei nicht angemeldet. Spaßvogel.
Autowaschen ist zwar ganz nett, aber jede Woche brauche ich das nicht. Also bin ich am nächsten Tag zum Autoteilebasar und habe dem Bus einen Pyjama gekauft. Besser so.
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