Sonntag, 29. April 2018

Schone die Umwelt - fahre Bus! Teil 2

In Deutschland angekommen hatte ich erst einmal ganz andere Dinge im Kopf als den Bus. Natürlich habe ich immer wieder einmal daran gedacht und gehofft, dass das alles klappt, aber richtige Zweifel hatte ich nicht. Bis dann nach einigen Tagen eine Whatsapp kam, die alles noch einmal auf den Kopf gestellt hat.


Auf deutsch: der Besitzer des blauen Bulli wollte wohl, dass wir den Austausch des Motors selbst bezahlen. Das hat dem Mohamed nicht gepasst und deswegen hat er die Geschäftsbeziehung abgebrochen. Auch gut. 
Mohamed hatte jetzt aber scheinbar auch keinen Bock mehr, da noch lange rumzufackeln. 

Bereits zwei Stunden später kam das Video von dem perfekten Auto, von dem er in seiner WhatsApp gesprochen hat. Das dürft Ihr Euch jetzt auch ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen:



Das war schon wieder ganz nach meinem Geschmack. Mir ging es nur ein bisschen zu schnell. Ich habe vorgeschlagen, dass ich mir den Wagen anschaue, wenn ich wieder in Ägypten bin. Da hatte ich aber die Rechnung ohne den ägyptischen Wirt gemacht. 


Der Wagen sollte sofort lackiert werden, eine Wartezeit von 10 Tagen war nicht drin. Es war 11 Uhr abends, ich lag schon im Bett, wollte nur noch einmal kurz meine Nachrichten checken und stand jetzt  plötzlich vor der Entscheidung: den Bus blind kaufen oder nicht? Eigentlich hatte ich deutlich genug klar gemacht, was ich wollte. Und ich hatte auch das Gefühl, dass Mohamed ziemlich genau wusste, worauf es mir ankam. Die Frage war also, ob ich den Sprung ins Ungewisse wagen sollte oder nicht. No risk no fun. Ich habe mich dafür entschieden. 
Mir war es wichtig, dass er in einer Farbe lackiert wird, die mir gefällt. Also habe ich begonnen, zu recherchieren, welche Farbkombinationen es gibt, die dem Original möglichst nahe kommen. Hierbei gab es zwei Probleme: erstens die Sprachbarriere und zweitens mein eingeschränktes Farbsehvermögen. Die Kommunikation war abstrus und anstrengend. 
Ich habe mir zwei Screenshots gemacht, um zu zeigen, was ich möchte, beziehungsweise nicht möchte. So hat der Bus mal im Original ausgesehen:

             
Irgendwie fand ich das aber etwas fad. Eine Zweifarblackierung hingegen hat mir schon immer gut gefallen, am besten in weiß-blau. Aber innen grün und außen blau geht gar nicht. Mein Wunsch auf die Schnelle war Folgender, auch wenn ich damit vom Originalzustand abweiche.


Und so ging das dann hin und her. Mohamed hat mir angeboten, den Bus grün mit weiß lackieren zu lassen. Also so wie auf Bild zwei. Nein, so wie auf Bild eins. Aber wo ist da was weiß? Ja genau, weiß und grün. Wie auf Bild zwei? Nein, so wie auf Bild eins. Hei, da ist kein weiß auf Bild eins. Was willst Du denn? Weiß und grün! Ok, mache ich Dir? So wie auf Bild zwei! Nein, Bild 1, John. Es war zum verrückt werden. Ich möchte eine Lackierung wie auf Bild zwei!!! Gut, das erste Mal weißt Du, was Du möchtest, John! Vogelwild. Und ich war mir gar nicht wirklich sicher, ob wir uns verstanden hatten. Aber egal. Am kommenden Tag sollte ich mehr Bilder bekommen.
Aber es kam nichts. Außer der üblichen täglichen Kommunikation zur Aufrechterhaltung des Kontakts kamen die nächsten fünf Tage keine weiteren Informationen. Ich habe ihm gesagt, er solle sich Zeit lassen und dafür genau arbeiten. Mir ging das bei dem blauen Bus viel zu schnell. Das sah man auch.
Ich wollte aber langsam dann auch mal Bilder sehen, ich war gespannt wie ein Flitzebogen. Das hat er dann auch verstanden.







Das sah schon mal gar nicht so schlecht aus. Ich war begeistert. Allerdings musste ich noch drei Tage warten, bis ich ihn dann auch persönlich in Augenschein nehmen konnte. Gut Ding will Weile haben.
Aber pünktlich drei Tage später kam der Bus dann um die Ecke gebogen.





Auch der Motor machte einen wesentlich besseren Eindruck, hatte im Gegensatz zum blauen Bus kaum Ölverlust und auch nur an den Ventildeckeldichtungen. Das ist machbar.


Innen war der Wagen komplett neu: neue Polster, neue Innenverkleidungen, neuer Himmel, neuer (wenn auch gewöhnungsbedürftiger) Bodenbelag.



Einzig die Motornummer brachte mich etwas ins Grübeln. Was ist da denn passiert? Das sieht aber nicht original aus so krumm und schief wie sie ist. Bahnt sich da schon das nächste Problem an? 


Ich hatte mir extra Hilfe von jemandem geholt, der sich vom ordnungsgemäßen Zustand des Busses überzeugen und die ganzen Behördenhürden für mich nehmen sollte. Es ist nämlich gar nicht so einfach, in Ägypten ein Auto zu erwerben. Ausgerechnet an diesem Tag war der allerdings krank. Und ohne seine Hilfe war ich aufgeschmissen. Ich war so beschäftigt mit der Inspektion, dass mir das X erst gar nicht aufgefallen ist. Das weist ja auf einen Austauschmotor hin und so würden diese krummen Schlagzahlen auch Sinn machen, denn Austauschaggregate werden mit blankem Block geliefert, der Motorkennbuchstabe und die Motornummer dann in dem Betrieb eingeschlagen, der den Austausch vornimmt. Aber dann müsste das bereits in Deutschland passiert sein. Klar war, dass ich den Wagen ohne die Begutachtung des Sachverständigen vorerst nicht nehmen würde. 
Aber eine Probefahrt konnte ich ja schon mal unternehmen.

     
Was für ein Ritt. Das ist Technik aus den 50er Jahren. Die Bremse bremst, aber auch nicht wirklich, die Lenkung lenkt, aber auch nicht wirklich. Alles rappelt und klappert. Aber er fährt und der Motor scheint in gutem Zustand zu sein. Die Kontrolllampe Lichtmaschine flackert bis 800 Umdrehungen. Das kann ich selbst beheben. Der Tacho funktionierte nicht, ebensowenig die Handbremse. Ich hatte ja noch einen Tag Zeit, das sollten die Jungs gleich mal noch beheben. 

Am folgenden Tag kam der Bus dann mit funktionierendem Tacho und funktionierender Handbremse dann morgens wieder angerollt. Was da dann alles im Hintergrund passieren sollte, kenne ich selbst nur vom Hörensagen. So ein Autokauf läuft über einen Notar. Da müssen wohl Fingerabdrücke abgegeben und der Kauf amtlich beglaubigt werden. Dann musste der Wagen wohl bei der berühmt berüchtigten Mogamma, der zentralen Verwaltungsbehörde am Tahrirplatz vorgeführt werden, ebenso beim Straßenverkehrsamt des bisherigen Zulassungsbezirks. Bei einer dieser Stationen wurde dann auch eine Anfrage beim Zoll in Alexandria getätigt. Diese hat ergeben, dass der Bus bereits mit dem Austauschmotor ins Land kam. Alles gut. Das alles hat mehrere Stunden in Anspruch genommen und es war bis dato noch immer nicht ganz klar, ob ich den im Endeffekt auch kaufen könnte. Irgendwann am frühen Nachmittag kam dann der erlösende Anruf: "Dr. Eder, jetzt brauchen Sie ganz viel Geld. Können Sie das vorbeibringen? Es sieht gut aus!"

   
Eigentlich war jetzt erst mal alles gut. Aber der Vorbesitzer hatte seine Schulden bei der Verkehrsbehörde noch nicht bezahlt. Das läuft so: Verkehrsverstöße werden durchaus beachtet und notiert, jedoch nicht immer sofort geandet. Das ist immer dann fällig, wenn man die Zulassung seines Autos verlängert oder dieses verkauft. In Fall des Vorbesitzers waren das stattliche 3500 Pfund (rund 160 Euro). Also haben wir einen Teil des Kaufpreises zurückgehalten, bis der Zahlungsbeleg nachgereicht wurde.

Der erste Schritt war getan. Zeit für lauter zuversichtliche Gesichter. Vorne rechts im Bild Mohameds Vater, der bei jedem Geschäftsvorgang dabei ist, daneben der Vorbesitzer, dann Mohamed und schließlich mein Freund Magdi, der mir mit seinem strengen Blick und Sachverstand viel Ärger abgenommen und den Kauf behördengerecht über die Bühne gebracht hat.

     

Aber noch war der Spaß nicht vorbei. Der Bus musste ja noch auf mich zugelassen werden. Auch hier war ich wieder nicht aktiv beteiligt, eigentlich hätte ich das schon mal gerne gesehen, wie so etwas abläuft, auf der anderen Seite kann ich mir das aber auch lebhaft vorstellen. 
Ich wohne ja in Giza, also muss der Bus auch dort zugelassen werden. Bislang lief er aber in einem anderen Zulassungsbezirk. Da musste er zunächst beim Straßenverkehrsamt vorgefahren werden, bevor man in Giza überhaupt tätig wurde. Im dichten Straßenverkehr von Kairo und angesichts des Gedrängels auf den Ämtern ist das kein allzu großer Spaß. Irgendetwas hat aber nicht gestimmt und so musste erneut der Weg zur ursprünglichen Zulassungsstelle zurückgelegt werden. Irgendetwas machte da dann wiederum Probleme und es sah für eine kurze Zeit wohl auch gar nicht so gut für mich aus. Letzendlich konnten dann aber nach über einem halben Tag alle Hürden genommen und der Wagen -elhamdullilah- auf mich zugelassen werden.


     

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