Freitag, 8. Februar 2019

Mit Polizeigeleit im nördlichen Niltal auf allen Vieren in die Pyramide

Nach dem Besuch der  Pyramiden von Dashur im Dezember und dem etwas früheren Ende der Tour wegen der Bremsenproblematik, wollten wir unseren ursprünglichen Plan, bis nach Meidum zu fahren, nun doch noch umsetzen.

  
Der Plan war, auf der Giza-Aswan Wüstenstraße (die nebenbei bemerkt in einem außerordentlich schlechtem Zustand und bekannt für ihre zahlreichen tödlichen Umfälle ist) schnell nach Meidum zu kommen und dann am Nil entlang zurück nach Kairo zu fahren. 
Bereits nach wenigen Kilometern auf der Haram-Straße mussten wir den ersten unfreiwilligen Stopp einlegen. Der Bus zog gerade im unteren Drehzahlbereich ganz schlecht, verschluckte sich und hatte Fehlzündungen. Wir hatten diesmal ein Begleitfahrzeug dabei, einen befreundeten Ägypter, der mit uns kommen wollte. Ein kurzer, gemeinsamer Blick in den Motorraum offenbarte zwei Probleme. Zum einen war die Verteilerkappe verrutscht, zum anderen hatte der Zündverteiler deutliches Spiel in der Aufnahme im Motorblock. Ersteres ließ sich verhältnismäßig einfach beheben, trotzdem schrieb ich mir eine neue und besser passendere Kappe auf den Einkaufszettel. Zweites Problem sollte sich hoffentlich mit zunehmender Betriebstemperatur des Motors bessern. Die Neupositionierung der Verteilerkappe und das Nachbiegen der Halteklammern brachte bereits eine deutliche Verbesserung. Auch die Vermutung mit dem festeren Halt mit zunehmender Betriebstemperatur sollte sich als richtig herausstellen. Für heute war das dann erst mal in Ordnung so.
Nach einem kurzen Tankstopp (man darf den Bulli nicht bis an den oberen Rand des Gewindes vom Tankdeckel vollmachen, da ist ganz oben in der Manschette ein Loch. Normalerweise tut man das ja auch nicht, aber hier tut man ja nur Dinge, die man im Rest der Welt nicht tut, und so gab es auch diesmal wieder eine Benzinpfütze unterm Wagen, was aber niemanden stört solange keiner nebenbei raucht, was auch gar nicht so selten vorkommt) gab es dann erst einmal den heißersehnten Morgenkaffee (Ahwa Masbut). 
Den nahmen wir in einem offenen, eher mit wenig Bauvermögen zusammengezimmerten Verschlag aus Holz, Wellblech und Tüchern ein, knappe zwei Meter neben der rechten Fahrspur der Autobahn, wobei die Geschwindigkeit der Autos und LKWs eher überschaubar war, denn direkt an dieser Kaffeebude befand sich ein Bremshügel, der den gesamten Verkehr zwang, auf nahezu 0 km/h herunterzubremsen. Was wir da an technischen Schmankerln zu sehen bekamen, hätte alleine schon ausgereicht, um den Ausflug als gelungen zu bezeichnen. Tropfende Dieseltanks, kaum mehr verzögernde Bremsen und mit Kabelbindern geflickte Hydraulikleitungen sind nur ein paar wenige der imposantesten Eindrücke. Hier war Ägypten wieder so wie es halt ist - fernab von Hurghada und den disneyworldähnlichen Ferienwelten, die da gerade so entstehen. Herrlich!    
Deswegen habe ich es auch mit der nötigen Gelassenheit genommen, als wenige Kilometer nach diesem Halt der Tacho den Geist aufgegeben hat. Ich schaue hierzulande zugegebenermaßen so gut wie nie auf den Tacho, es sei denn ich möchte wissen, wie schnell ich in der Stadt unterwegs bin, wenn ich der Meinung bin, ich könnte langsamer machen. Das tue ich aber eher zur meiner persönlichen Information, denn zwischen 80 und 100 liege ich da meistens. Schneller traue ich mich nicht, das st ja doch alles eher so ein bisschen unübersichtlich hier im Straßenverkehr, in dem sich das Tempo an der Verkehrsdichte orientiert und nicht an irgendwelchen Geschwindigkeitsregeln. Braucht kein Mensch.
Nach einer guten weiteren Stunde fuhren wir dann von der Autobahn ab und es ging noch einige Kilometer durch das fruchtbare Niltal mit Blick auf die Pyramide von Meidum. 

   
Bereits weit vor der Pyramide wurden wir durch einen Checkpoint der Polizei ausgebremst. Beamte mit Maschinengewehren empfingen uns umgeben von gepanzerten Fahrzeugen. Das erschien uns ungewöhnlich. Sie waren sehr freundlich, wollten aber alles ganz genau wissen: woher wir kamen, wieso wir auf das Gelände wollten, es wurden die Fahrzeugpapiere und der Führerschein überprüft, dann konnte es weitergehen. 


Direkt vor der Pyramide dann dasselbe Spiel. Diesmal zwei hintereinander geschaltete Checkpoints, schwere Bewaffnung, diesmal Militär und Polizei. Der Bus sorgte für etwas Erstaunen, wir mussten einige Checks über uns ergehen lassen, durften dann passieren, mussten jedoch in direkter Nähe des Polizeihäuschens parken und durften nicht auf das Gelände fahren. Dieses war - was uns nicht weiter verwundert hat, ziemlich verwaist.   
Seit dem Anschlag auf den Touristenbus mit Vietnamesen sind die Sicherheitskräfte hier deutlich angespannt. Hinzu kommt, dass wir uns ziemlich mittig zwischen Beni Suef und Fayoum Stadt aufhielten, zwei Städte, die beide für ihre hohe Anzahl an militanten Islamisten verrufen sind. Darüber hinaus wird uns momentan auch davon abgeraten, uns in diesem Gebiet aufzuhalten. Malesh. Wir hatten das gesamte Gelände für uns.


        
Man kann in die Pyramide hineingehen, was wir dann auch getan haben. Es geht circa 60 Meter auf Holzdielen mit quer beplankten Vierkantrohren steil in die Tiefe. 


Unten angekommen geht es dann erst einmal wieder 5 Meter auf einer wackeligen Holzleiter nach oben, bis man schließlich in der muffeligen und feuchten Grabkammer ankommt, die niemals als solche genutzt worden sein dürfte, weil der Erbauer der Pyramide noch vor deren Fertigstellung verstorben ist. 



 
Nach einem kurzen Aufenthalt haben wir den Rückzug angetreten.


Die Pyramide ist als solche kaum mehr zu erkennen, da sie schon ziemlich in Mitleidenschaft gezogen ist. Sichtbar ist nur noch der Pyramidenkern, umgeben vom Schutt und Geröll des ehemaligen Mantels. 
Wir sind dann anschließend in den kleinen Pyramidentempel, den uns ein Beduine zugänglich gemacht hat. Und dann haben wir ganz deutlich die Vorteile zu spüren bekommen, die man genießt, wenn man mit einem "Einheimischen" unterwegs ist. Der Beduine hat wohl bemerkt, dass wir von dem, was wir bislang gesehen hatten, noch wenig beeindruckt waren und mit strengem Blick auf unsere jeweilige Körperfülle bekundet, dass er da noch ein kleines Schmankerl für uns hätte, vorausgesetzt wir wären sportlich und hätten keine Platzangst. 
Die Rede war vom altägyptischen Grabbau (Mastaba), der sich neben der Hauptpyramide befindet.


Bereits beim Eingang sollte man in die Hocke gehen, denn dieser ist gerade mal einen Meter hoch. 


Die nächsten 8 Meter wird das auch nicht besser, die Höhe schrumpft auf 80 cm. Ich habe mich dann irgendwann dazu entschieden, auf allen vieren zu kriechen, da ich permanent mit dem Kopf an der Decke angestoßen bin, die natürlich nicht glatt war, sondern aus herausragenden Steinenden bestand. 
Nach dieser Strecke kam dann die nächste Herausforderung, nämlich die, sich in diesen beengten Verhältnissen irgendwie einmal um die eigene Achse zu drehen um die wackelige Holzleiter drei Meter in die Tiefe zu besteigen.

  
Unten angekommen ging es dann weitere drei Meter auf allen vieren bis zum "Nadelöhr":


Danach kann man zumindest wieder einigermaßen gerade stehen, man sollte aber dringend aufpassen, wohin man tritt.

  
Nach all diesen Strapazen steht man dann in der Grabkammer und denkt sich: aha! Hier ist auch eindeutig der Weg das Ziel.

 
Aber da ist man wenigstens nicht alleine. Geschätzt 150 Fledermäuse, über die ganze Decke verteilt, denken sich wahrscheinlich dasselbe. 


Nach einem kurzen Innehalten und Ausschnaufen traten wir dann den nicht minder anstrengenden Rückweg an. 

Es war ehrlich gesagt schon angenehm, wieder an der frischen Luft zu sein. Man hat einen wunderbaren Ausblick und steht direkt an der Grenze zwischen den letzten Ausläufern des bewässerten und fruchtbaren Niltals und der Wüste.

 
Es war an der Zeit für die Rückreise. Und es wurde noch einmal spannend. Zumindest überraschend. Zuerst einmal wurden wir darauf hingewiesen, dass es äußerst nett wäre, wenn wir uns für die Fürsorge der Sicherheitskräfte erkenntlich zeigen würden (was beim Militär eher ungewöhnlich ist), danach wurden wir darüber informiert, dass wir mehrere Auflagen zu befolgen hätten. Zum einen würden wir bis an die Autobahn einen bewaffneten Begleitschutz bekommen. Ich bin da immer gar nicht begeistert, nicht nur weil wir beim Sicherheitstraining, das wir vor Antritt der Auslandsverwendung durchschreiten, eindringlich davor gewarnt wurden, sondern auch, weil niemals jemand vermuten würde, dass sich in einem alten T2 ausländische Touristen befinden, was jedoch schon wesentlich wahrscheinlicher ist, wenn uns ein Polizeiauto begleitet.
Zum anderen mussten wir wieder die Aswan-Giza-Autobahn benutzen, das Niltal sei momentan zu gefährlich. Unsere Kennzeichen seien an jeden Polizeiposten bis Kairo durchgegeben, es wurde uns ebenfalls untersagt, etwas an der Besetzung der beiden Autos zu ändern. Zu allerletzt mussten wir dann noch eine Handynummer hinterlassen unter der wir erreichbar sind. Na wunderbar. Da half alles nichts.

   
Ich fand das deutlich übertrieben, wenigstens waren wir die Begleitung an der Autobahn wieder los.

Da blieb dann auch Zeit für eine kurze Pause um Getränke zu kaufen und für das nächste Problem: der Wagen sprang nicht mehr an. 


Grund war eine defekte Polklemme. Die wurde notdürftig repariert und mit Starthilfe kam er dann ganz schnell. Der nächste Posten für die Einkaufsliste.  
Das war dann aber auch wirklich genug Abenteuer für heute und Hunger hatten wir auch. Die Wahl fiel auf das Le Meridien Pyramid Hotel. Es war wieder mal gar nicht so einfach, auf das Gelände und anschließend auf den Parkplatz zu kommen, da man jedes Mal in uns zugedröhnte Minibusfahrer aus Giza vermutete. Erst beim zweiten Blick wurde ihnen klar, dass wir dann wahrscheinlich doch nur einfach durchgeknallte Spinner sind, das war dann ok, die Einfahrtsfreigabe wurde erteilt - mit deutlichem Grinsen im Gesicht. Er nahm uns nicht wirklich ernst. 

    

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